Lochplatte aus Pappe

DAS ERSCHEINUNGSBILD
Eine Pappscheibe mit einem zentrierten Loch und weiteren vier symmetrisch um dieses Loch angeordneten Öffnungen. Auf der Spielfläche selbst ist die Platte mit verschieden großen Löchern versehen.

DAS ALTER
Bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch eine Erfindung des Franzosen J. M. Jacquard erhielten Webstühle ihre Steue-rungsinformationen durch Lochkarten. Dieses Funktionsprinzip wurde danach auch zur Steuerung von mechanischen Musikinstrumenten angewandt. Nachdem sich Paul Ehrlich bereits mit derlei Toninformationsträgern beschäftigt hatte, erhielt der Leipziger am 5. Mai 1882 das Patent für ein "Mechanisches Musikwerk mit kreisförmigen Notenblättern", womit er den Zugang zur automatischen Musik nachhaltig veränderte.

DIE EINSATZGEBIETE
Zum Einsatz kamen die Lochplatten aus Pappe bei Organetten aus dem Hause Ehrlich, wie dem "Ariston", das ebenfalls eine Entwicklung Ehrlichs war. Aufstellorte: Heimgebrauch oder Gastronomie

DER ABSPIELMECHANISMUS
Nach dem Auflegen des Datenträgers ist unter ständigem Drehen der Kurbel zu beobachten, wie die Löcher der Platte mit Hilfe von Einfallhebeln (Claves) abgetastet werden. Wenn einer dieser Hebel ein Loch ertastet, öffnet sich im Inneren des Aristons eine Ventilklappe, die darunter liegende Tonzunge gerät in Bewegung, da Luft hinein strömt und einen Ton von sich gibt. Im Inneren des Aristons befinden sich zwei sogenannte Schöpfbälge sowie ein Magazinbalg, die in Zusammenspiel miteinander und dem fortwährenden Drehen der Handkurbel Luft mit Hilfe der geöffneten Ventilklappen ins Innere des Geräts saugen.

DER ANTRIEB
Muskelantrieb mit Hilfe einer Kurbel

WIE VIEL MUSIK KANN WIEDERGEGEBEN WERDEN?
Auf der Lochplatte aus Pappe kann die Information eines ganzen Titels gespeichert werden. Für das Ariston mit 24 Tönen (das beliebteste Modell) wurden 4150 verschiedene Lochscheiben angeboten.

DER AUSTAUSCH
Der Austausch einer Lochplatte aus Pappe geschah ganz mühelos, wie oben beschrieben.

DIE HERSTELLUNG
Es war aufgrund des von Ehrlich entwickelten Stanzwerks möglich, diesen Datenträger in Massen zu produzieren. Diese Notenstanzen wurden in der Regel durch Frauen und Mädchen bedient, häufig auch in Heimarbeit.

DIE VERBREITUNG
"Ihre Erzeugnisse sind überall in der Welt zu finden, im Orient, in Amerika, in Australien und am Kap, überall […] sind sie willkommene Spender fröhlicher Musik, im Blockhaus wie auf dem wogenumrauschten Schiff." So schrieb es die zeitgenössische Presse im Jahr 1893. Allein aus Ehrlich‘scher Produktion wur-den bis 1893 bereits über 6 Mio. Notenscheiben produziert.

DER PREIS
Die Lochplatten waren günstig herzustellen. Zwischen 1893 und 1899 kosteten sie konstant etwa 60 Pfennig das Stück. Durch Ehrlichs Erfindung wurde die automatische mechanische Musik für breite Bevölkerungsschichten zugänglich und blieb nicht mehr nur den betuchten Bürgern vorbehalten.

DIE »NACHFAHREN«
Das Binärsystem einer Lochscheibe ist heute die Grundlage eines jeden Computers.